Verschiedene Bereiche einer Klinge übernehmen
unterschiedliche Funktionen. Es ist sinnvoll, die einzelnen
Funktionsbereiche aus unterschiedlichen, speziell mit Hinblick
auf die dort herrschenden Anforderungen ausgewählten Stählen aufzubauen.
Durch einen geeigneten Aufbau kann die mechanische Belastbarkeit einer Klinge
beträchtlich gesteigert werden. Ebenso kann die Schneidleistung verbessert
werden, da -einen entsprechenden Aufbau vorausgesetzt- die Härte
in der Schneide selektiv erhöht werden kann.
Im Idealfall herrschen in der Schneide sogar Druckspannungen, was in den Seiten und/oder dem
Rücken zwangsweise zu Zugspannungen führt. Druckspannungen unterbinden das Fortschreiten von
Rissen vollständig. Derartige Druckspannungen entstehen durch dass größere
Relativvolumen des Martensits gegenüber einem ferritisch/perlitischen Gefüge.
Durch Verwendung von Stählen mit unterschiedlicher Härteannahme lässt sich dies
z.B. erreichen. Eine weitere Möglichkeit ist durch die differenzielle Härtung gegeben.
Typische Vertreter derartiger Klingen sind vielfach die skandinavischen Messer sowie die
Japanischen Schwerter. Auch viele historische Klingen weisen einen differenziellen Aufbau
auf, eine Schalenhärtung liegt hier ebenfalls nahe, kann oft aber aufgrund des schlechten
Erhaltungszustandes nicht nachgewiesen werden.
Derartige Verbundklingen lassen sich sowohl aus Monostahl als auch aus Damast herstellen. Hierbei
wird schnell ersichtlich, dass der Damast als Zierelement eingesetzt wird.
Einzig die Verbundtechnik der Leistungszone erfordert einen Damast im Kern, idealer Weise einen
vielschichtigen.
Eine einfache Möglichkeit ist der Lagenaufbau. Dabei besteht die Klinge aus einzelnen, ebenen Stahllagen, typischerweise zwei oder drei. Nach dem Verschweißen dieser Lagen können die einzelnen Eigenschaften der verwendeten Stähle gezielt genutzt werden. Die Lage, die die Schneide bildet sollte aus einem leicht härtbaren Stahl sein, der zudem eine hohe Härte annimmt. Eine oder mehrere weitere Lagen sind seitlich zur Schneidlage angeordnet und dienen zu deren Stabilisierung.
Japanische Küchenmesser bestehen häufig
aus nur 2 Lagen, einer Schneidlage und einer Stabilisationslage.
Letztere ist meist als wilder Damast ausgeführt,
weshalb diese Klingen zu den Deckschichtentechniken
zu zählen sind. Bedingt durch
den asymmetrischen Aufbau sind diese Klingen für
Rechts- und Linkshänder unterschiedlich. Bei einer
Rechtshänderklinge liegt die Schneidlage -sie
ist von der Schneide bis zum Rücken durchgehend
flach geschliffen- auf der linken Seite.
Zweilagenklingen verbiegen sich beim Härten durch
die mit der Martensitbildung verbundenen Volumenänderung in der Schneidlage.
Da die Seitenlage diese Krümmung entgegenwirkt, herrschen Druckspannungen in der Schneide.
Der entstehenden Krümmung kann vor der Wärmebehandlung durch eine
entsprechende Formgebung entgegengewirkt werden.
Nach dem Härten muss die Klinge in der Regel gerichtet werden.
Dabei werden kleine Kerben auf der Seite der Stabilisationslage in die Oberfläche
geschlagen, wodurch sich das Material reckt und die
Klinge gerade wird. Das Richten kann auch durch Biegen der Klinge
geschehen. Es muss auf jeden Fall gleich nach dem Härten,
noch vor einer Wärmebehandlung erfolgen. Ist die Klinge
gerichtet, werden eventuelle Reckspuren mit dem Klingenschliff
entfernt. Eine sehr dünne Schneidlage ruft nur geringen Härteverzug und
zugleich hohe Druckspannungen hervor.
Eine symmetrisch aus drei Lagen aufgebaute Klinge verformt sich in der Regel beim Härten nicht. Mit einem relativ geringen Schweißaufwand lässt sich eine sehr hochwertige Klinge herstellen. Das Flussmittel kann bei der Schweißung, bedingt durch die nach allen Seiten offene Anordnung, leicht abfließen.
Die Norwegerklinge ist im Prinzip eine 3 Lagen Klinge, nur sind die beiden seitlichen Lagen aus einem Stück gefertigt. Hierzu wird ein Stück Eisen zur U-Form gebogen, in die der spätere Schneidlagestahl eingelegt wird. Beim Schweißen werden zunächst die beiden Teile im U-Grund, dann an den U-Innenflächen verschweißt. Da das Flussmittel dabei nur zur offenen Seite hin abfließen kann, ist die Gefahr von Einschlüssen erheblich größer als bei einem dreilagigen Aufbau. Trotz der größeren Schwierigkeiten lohnt sich diese Technik, da man derartige Klingen mit einem harten Gegenstand eintreiben kann, ohne diese zu zerstören. Die weiche Außenschicht wirkt dabei schützend, kann lokale, hohe Spannungen durch plastische Verformung ausgleichen.
Eine weitere, sehr effektive Möglichkeit Druckspannungen in der Schneide zu erzeugen ist
eine angesetzte Schneidleiste. Diese kann entweder stumpf an den Klingenkorpus angeschweißt sein oder
verzahnt angesetzt werden. Eine Verzahnung kann durch Prägen oder Feilen erzeugt werden. Mit der
Technik der Leistungszonen wird eine mikroskopische Verzahnung erreicht. Durch Tordieren läßst
sich ebenfalls eine Verzahnung, wenngleich eine schwache, erreichen.
Ähnlich wie bei der differenziellen Härtung lassen sich so Druckspannungen in der Schneide und
Zugspannungen im Rücken erzeugen. Die Technik der angesetzten Schneidleiste, meist in Verbindung mit
seitlichen Stabilisationslagen findet auch bei Japanischen Schwertern Verwendung. Diese werden dann trotzdem
differenziell gehärtet. Hierbei wird meist kein gerades Hamon -die Härtelinie- sonder eine gewellte
bzw. gezackte Form gewählt, ebenfalls eine Art Verzahnung.
Den Möglichkeiten, die sich durch gezielten Klingenaufbau und differenzielle Härtung eröffnen,
wird heutzutage sehr wenig Beachtung geschenkt, obwohl dies die effektivsten Methoden sind die
Leistungsfähigkeit einer Klinge zu steigern und diese optimal an ihre Aufgabe anzupassen.
© 2005 G.v.Tardy