Erste vereinzelte Stahlschmelzungen fanden wohl in Syrien und Irak um 2700 v. Chr. statt. Ab ca. 1400 v. Chr. wurde
in Anatolien reproduzierbar Stahl erschmolzen. Von dort aus breitete sich das Wissen in den folgenden 1000 Jahren
über ganz Europa aus. In diesem Zeitraum wurden auch die Verarbeitungs- und Behandlungsmethoden weiter entwickelt,
bis Stahlerzeugnisse der Bronze in ihren Eigenschaften überlegen waren. Der Übergang von Bronze zum Stahl war
allmählich, das Erfinden anderer Techniken war dafür die Voraussetzung.Während Bronze gegossen und durch
Kaltverformung gehärtet wurde musste Stahl heissgeschmiedet, abgeschreckt und angelassen werden.
Mit den damals verwendeten Schmelzverfahren ließen sich jedoch keine Rohstücke in brauchbarer Größe und
Qualität herstellen. Die erschmolzenen Luppen waren schwammig und mit Verunreinigungen durchsetzt. Sie wurden daher abgeschreckt
und in kleine Stücke zerschlagen. Diese wurden nach Qualität sortiert und zu Stücken brauchbarer Größe
verschweißt. Erst durch mehrfaches Falten (Raffinieren) entstand hieraus ein gebrauchsfähiges, hinreichend homogenes
Rohmaterial. Diese Barren wurde dann von den Schmieden mitunter so kombiniert, dass neben den erforderlichen mechanischen
Eigenschaften auch noch zierende Muster auf den Klinge entstanden. Derartige Damastklingen (oft wurmbunte Klingen)
erlebten eine Hochzeit zischen dem 5. und 10. Jh. bei den Blankwaffen. In den folgenden Jahrhunderten verschwinden dann die
zierenden Musterungen (Damast-Techniken) zunehmend, wenngleich noch immer Raffinierstahl verwendet wird. Dies ist vermutlich neben
veränderte Anforderungen an die Klingen auf vielerlei weitere Faktoren zurückzuführen.
Durch die Türkenkriege trat der Damast wieder in den mitteleuropäischen Raum und erlebte, mit dem Aufkommen von
Schusswaffen eine Renaissance. Aber auch bei diesen Waffen ist er als ein dekoratives Element anzusehen.
Im 14. Jahrhundert wurde die gezielte Herstellung und Verarbeitung von Gusseisen entwickelt. Aufgrund der einfachen Verarbeitung
erlangte dieses Material bald eine weite Verbreitung. Es eignet sich jedoch nicht für Blankwaffen. Im 18. Jahrhundert wurde
durch die Entwicklung von Frischverfahren im industriellen Stil auch die Erschmelzung größerer Stahlmengen in hoher
Qualität möglich. Die arbeitsintensiven Raffinierstähle wurden durch die nun in hinreichenden Mengen zur
Verfügung stehenden Monostähle verdrängt.
Trotz einer derartig langen Geschichte musste der Damaszenerstahl in diesem Jahrhundert wiederbelebt werden.
Entscheidende Impulse kamen im europäischen Raum unter anderem von M. Sachse und H. Denig, in Amerika
von B. Moran. Dennoch ist Verbundstahl noch immer ein relativ unerforschtes Gebiet welches oft auch ganz gezielt nicht
wissenschaftlich betrachtet wird. So hält sich die Vorstellung von unterschiedlicher Härte in den Lagen der
Schneide hartnäckig, obwohl inzwischen mehrfach nachgewiesen wurde, dass sich der Kohlenstoffgehalt schon nach wenigen
Faltungen durch Diffusionsvorgänge vollständig ausgeglichen hat.
Auf diesen Seiten versuche ich einige der häufigsten Fragen zu beantworten, ein wenig Licht in den
Mythos Damaszenerstahl zu bringen und so einen technischen Zugang zu diesem Thema zu eröffnen. Durch
Kenntnis von Vorgängen im Stahl lassen sich viele Beobachtungen erklären, es wird ersichtlich,
dass Damaszenerstahl nur bedingt Monostählen überlegen sein kann. Schneidwerkzeuge aus Verbundstahl haben
ihre speziellen Einsatzgebiete und können keinesfalls in allen Bereichen überlegene Leistungen
erbringen, sondern weisen vielmehr spezialisierte Eigenschaften auf.
Ich fing 1999 mit dem Schmieden von Damaszenerstahl an. Zugleich begann ich mich in die Theorie
des Stahls einzuarbeiten. In diesem Zusammenhang bin ich U. Gerfin besonders dankbar, der mich
sowohl praktisch an das Schmieden heranführt, als auch immer ein Gesprächspartner für die Theorie
ist. Der Zugang zu diesem Thema wird mir durch mein Studium (Luft- und Raumfahrttechnik) und meine
Anstellung am Institut für Statik und Dynamik der Universität Stuttgart erleichtert.
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Glossar zusammengefasst und knapp erläutert. Dieser öffnet sich in einem neuen Fenster und kann somit beim Lesen
dieser Seiten als Verständnishilfe genutzt werden.
© 2005 G.v.Tardy